Im Jahre 1480 kam die voralbergische Äbtissin Ursula Haider mit sieben weiteren Schwestern aus dem Klarissen-Kloster Valduna nach Villingen. Der Provincial der Franziskaner, der Villinger Pater Heinrich Karrer hatte sie holen lassen, um aus der bis dahin relativ ungebundenen Frauenkommunität des 3. franziskanischen Ordens ein strenges Klarissenkloster zu machen. Von den sieben Frauen, die bei der Ankunft der Klarissen in dem bescheidenen Haus am Bickentor lebten, machte nur eine von dem Angebot Gebrauch, im Kloster zu bleiben und dem Orden der Klarissen beizutreten. 

So waren es zunächst nur neun Schwestern, die daran gingen, das Bickenkloster baulich und strukturell auf die Bedürfnisse eines geschlossenen Klosters hin umzuformen. Die ersten baulichen Voraussetzungen für ein reguläres Klosterleben waren vier Jahre nach der Ankunft geschaffen und Ursula Haider sorgte dafür, dass dieses Klosterleben auch eingehalten wurde. Besonderen wert legte sie dabei auf Gottesdienst und Chorgebet. 

Nicht nur feierliche Gottesdienste, klösterliche Zucht und Ordnung machten St.Klara in Villingen zu einem weithin respektierten Ort religiösen Lebens, sondern vor allem die Gedankentiefe und Intensität religiösen Erlebens der Äbtissin Ursula Haider. Schon von Valduna her war ihr der Ruf einer begnadeten Mystikerin vorausgeeilt. Im Mittelpunkt 

ihrer - aus erhaltenen geistlichen Unterweisungen und Neujahrsansprachen rekonstruier-baren – Mystik stand der Gedanke der Nachfolge Christi, besonders im seinem Leiden. Ihren Mitschwestern empfahl sie eine vertiefte Betrachtung der Passion und wandelte 

dazu verschiedene Örtlichkeiten des Klosters sozusagen zu virtuellen heiligen Stätten in Palästina um. Viele religiöse Kunstwerke, die das Bickenkloster heute noch besitzt, gehen in ihrer Entstehung auf diese Zeit und auf das Wirken von Ursula Haider zurück. 

Als Papst Innozenz VIII. für kurze Zeit Ablässe gewährte, die sonst nur auf Pilgerreisen 

im Hl. Land oder in Rom gewonnen werden konnten, bemühte sich Ursula Haider diese „Heilthümer“ für ihr Kloster zu erlangen, was sie 1491 auch erreichte. Von ursprünglich 

210 im ganzen Haus verteilten steinernen Ablasstafeln, die nach Entwurf von Ursula 

Haider gefertigt wurden, sind heute noch etwa 70 in Schule und Kloster erhalten. Sie 

geben Zeugnis von tiefer Andacht und einem intensiven religiösen Leben.

Bereits 1491 war die Zahl der Schwestern auf 31 angewachsen und als Ursula Haider am 20. Januar 1498 starb, hinterlies sie ein in jeder Hinsicht wohlgeordnetes Kloster, dessen Konvent einen hervorragenden Ruf nicht nur bezüglich des religiösen Lebens, sondern auch in handwerklicher Hinsicht hatte. Die Schwestern verstanden sich auf Schreibkunst und Transkriptionen in der Schreibstube, auf Leinenweberei und alle Arten von Nadelarbeit, aber auch auf die Herstellung von Kräuterheilmitteln und das Backen von Lebzelten und anderer Köstlichkeiten, die sich in Villingen großer Beliebtheit erfreuten und – z.B. in Form der leckeren „Klostergutsle“ - heute noch erfreuen.

nach Josef Oswald „Ursula Haider und die Folgen“ aus „St.Ursula – Ein Villinger Haus mit Geschichte”, 1999

Gemälde der Ursula Haider im Konvent von St. Ursula

Bildunterschrift

Die Gottselige Ursula Haiderin wurde 1413 zu Leutkirch gebohren. 1422 zu Reuthe in aller Gottesfurcht unter anführung der Elisabetha bona erzogen. 1431 Legte Sie als Klarissin zu Valduna die Heil. Ordens gelübte ab, 1449 wurde sie daselbst zur ibtissin gewählet, 1465 wurde ihr der Beruf nach Ijillingen durch eine Ersheinung vorbedeutet.1479 Entshlos sich der Villingishe Rath und Burgershaft das Biken Kloster zu reformieren, die Reformierung wurd durch Thätige Verwendung des Hochw. Hr. Pf. Heinrichs Karrer von Sr. Päbst. Heiligkeit Sixtus IIII begnehmiget, Ursula hiezu bestimet, welche auch nebst 7lhren Geistl. Töchtern 1480 den 27ten April in Ijillingen mit allgemeiner freude aufgenomen, das Kloster St. Klara vom neuen gepflanzet hat. Ihr Leben war Heilig und Wunderbarbesonders in abwendung eines Zweimahligen - ganz auserordentlichen Sturm und Ungewitters - Sie starb im Rufe der Heiligkeit 1498 den 20ten Jan. Ihr Leichnam ruhet in der Klosterkirche rechterhand neben dem St. Antony Altar.

Beispiele für die steinernen Ablasstafeln

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